Am 18. Juli 2014, nach 24 Jahren Bandgeschichte, erscheint das allererste Lacrimosa-Album, das den Mitschnitt eines vollständigen Konzertabends enthält. Der Titel Live in Mexico City verrät auch gleich den besonderen Ort, an welchem die Aufnahmen gemacht wurden. Weniger Offensichtliches erfragten wir beim kreativen Kopf von Lacrimosa: Tilo Wolff.

Wie sah dein heutiger Tag bisher aus?
Tilo Wolff: So kurz vor Abschluss einer Produktion drehen sich die Tage meist um nichts anderes mehr. Heute haben wir zum Beispiel die letzten Änderungen im Artwork gemacht, die Optik der CDs ist mir ja immer sehr wichtig – das Auge hört mit –, und auch am Mix gibt es noch einige Filter und EQs zu setzen. Außerdem arbeiten wir gerade noch an einer kleinen Überraschung, die – wenn sie rechtzeitig fertig wird – der ersten Auflage der Live-CD beiliegen wird.

Wann hast du meistens deine persönliche Hochphase? Morgens, mittags, abends?
Tilo Wolff: Ganz klar abends. Manches Mal würde ich mir wünschen, der ganze Tag würde aus „abends“ bestehen…

Welche drei Stichworte fallen dir als Erstes zum Wort „Lacrimosa“ ein?
Tilo Wolff: „Geborgenheit“ – „Emotion“ – „Abenteuer“.

Welche drei Stichworte fallen dir als Erstes zum Wort „Konzert“ ein?
Tilo Wolff: „Spannung“ – „Freude“ – „Ehrfurcht“.

Wann kam erstmals die Idee auf, das Konzert von Mexiko-Stadt mitzuschneiden?
Tilo Wolff: Das hat sich daraus ergeben, dass ich vor einiger Zeit viele meiner Lieblingsbands live sehen konnte und mich dann aber immer geärgert habe, dass es keine CD als Erinnerung von der aktuellen Show gibt. Und da ich bei Lacrimosa die Entscheidungen meist danach treffe, was ich mir als Fan selbst wünschen würde, habe ich mich relativ spontan nach dem ersten Teil unserer Welttour entschieden, eine Show dieser Tour aufzunehmen. Die letzte Live-CD von Lacrimosa ist ja schon sieben Jahre her und war damals ein Zusammenschnitt verschiedenster Konzerte von verschiedenen Stationen auf der Tour. Bei der neuen Live-CD ging es mir also darum, die Atmosphäre eines einzelnen Konzertes einzufangen und vor allem auch die neuen Songs in ihren Live-Versionen zu präsentieren. Und da wir im zweiten Teil der Tour viele Konzerte in Lateinamerika hatten, habe ich mich für Mexico City entschieden, weil wir dort definitiv ein Publikum haben, das zu unseren enthusiastischsten zählt.

Wie weit im Voraus mussten die Aufnahmen geplant werden?
Tilo Wolff: Da die Idee für das gesamte Projekt relativ spontan geboren war, fand die tatsächliche Planungsphase tagsüber zwischen den Shows statt, als wir schon wieder auf Tour waren. Die CD ist also direkt in die laufende Tour hineingeboren worden. Das war nicht ganz einfach, vor allem, weil die Standards in Lateinamerika nicht ganz mit denen zu vergleichen sind, die wir verwöhnten Europäer gewohnt sind. Und tatsächlich konnten die letzten Probleme erst direkt vor Showbeginn geklärt werden – ich musste den Showstart um eine Viertelstunde nach hinten verschieben, weil ich noch in den letzten Verhandlungen steckte –, aber dann hat ja am Ende doch alles geklappt.

Welche technischen oder organisatorischen Hürden gab es?
Tilo Wolff: Einerseits sprachliche, weil ich immer noch nicht Spanisch und nicht alle Mexikaner Englisch sprechen, vor allem aber gab es auch Probleme in den unterschiedlichen Herangehensweisen. Wenn man so kurzfristig plant, ist es wichtig, dass die einzelnen Zahnräder gut ineinanderpassen. Es ist also Genauigkeit im Zeitplan und in der Sache gefragt. Deren Auslegung ist aber sehr von den jeweiligen Kulturen abhängig, und in südlicheren Ländern – das kennt sicher jeder – nimmt man die Dinge einfach nicht so genau, wie das die Nordmenschen tun.

Bist du an dem Abend nervöser als sonst auf die Bühne gegangen? Schließlich ging es um die Aufnahme eines echten Zeitdokuments…
Tilo Wolff: Da bis zur letzten Sekunde noch so viel zu erledigen und zu entscheiden war, hatte ich glücklicherweise keine Zeit, nervös zu werden. Erst als ich schon auf der Bühne stand, habe ich gemerkt, wo ich da gerade bin, aber da hat mich dann schon die Musik fest im Griff gehabt, und alles andere wurde komplett unwichtig, wie das eigentlich immer während einem Konzert ist, wenn Musik und Publikum uns tragen. Für die nächste Ausgabe sprachen wir über Live-Alben im Allgemeinen und im Privaten, Bootlegs, Londonreisen, persönliche Empfindungen bei Songs, Unterschiede zwischen Mexiko und Mitteleuropa, Geheimnislüftung sowie die Zukunft von Lacrimosa.

CREDITS

 Orkus 06/2014 , Claus Müller

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